Nach Regen kommt Sonne. Mit diesen wahren Worten lassen wir den nassen Mai hinter uns und blicken dem Sommer entgegen. Ich mochte den Regen ja sehr gerne. Ich hatte ein schräges Fenster in Paris und konnte den schweren Tropfen zuhören, wie sie auf das Fenster tropften oder eben auch donnerten. In mir stieg dann immer ein geborgenes Gefühl auf und am meisten Freude empfand ich daran, dass ich nichts zu verpassen schien. Die Sonne und das gute Wetter stressen mich sehr häufig, mehr erleben zu müssen. Auch der Arbeit und den Allergikern unter uns tun die regnerischen Tage gut. Entschuldigt, das soll kein Wetterupdate-Artikel werden, sondern eine Rückschau des letzten Monats.
Gesellschaftskritisch möchte ich den internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie betrachten. Warum kritisch, wenn der Tag doch etwas Gutes zu sein scheint? Weil ich es erschreckend finde, dass es überhaupt so einen offiziellen Tag geben muss. Liebe ist schließlich kein Verbrechen. Doch wir alle wissen, dass die Geschichte und manch andere Länder und Sitten hier anderer Meinung sind. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sah ihre Aufgabe also darin, am 17.Mai 1990 offiziell zu beschließen, Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel für Krankheiten zu streichen. Transsexualitöt wurde erst 2018 als „Krankheit“ entfernt.
Wenn ich ganz ehrlich mit euch bin, bin ich nicht selten in meinem Leben Menschen begegnet, die sich zu diesem Thema äußerst herablassend geäußert haben. Für meinen Teil ging ich lange ignorant durchs Leben, machte mir keinen Kopf darüber und konzentrierte mich auf Barbie und Can Beziehungen, die schlussendlich alle scheiterten. Paris hat meine Gedankenwelt in Hinblick auf das Ausleben jeder und sehr freier Liebe ordentlich wachgerüttelt.
Ich bin den Menschen dort, all den Begegnungen, Küssen und Geschichten dankbar. Denn jetzt ist das Thema für mich erst richtig präsent und ich möchte unbedingt meine Stimme erheben und mich dafür aussprechen, dass Liebe kein Geschlecht kennt. Umso schöner, dass es gleich mit dem Pride Month weitergeht, der am 1.Juni beginnt. Ich erinnere mich noch, wie ich damals in Stuttgart dem Umzug zum Christopher Streetday zugeschaut habe. Eine passive Zuschauerin war ich, die den wirklichen Sinn dahinter nicht greifen konnte. Heute schwinge ich die bunte Fahne für die Liebe.
Ganz witzig, dass ich in Paris in Le Marais wohnte. Dieses Arrondissement ist für Homosexulaität bekannt und auf den Straßen findet man neben den Zebrastreifen oft den Regenbogen als Statement. Somit wäre mir auch der Übergang gelungen: Ich werde genau eine Straße weiter meines ehemaligen Airbnbs ziehen. Drei Monate Sommer in Paris warten auf mich und dann gehe ich mit dem Flow. Zwischen Angst und Erfurcht, gebe ich meine Wohnung in Berlin für ein Jahr ab. Daher sortiere ich ordentlich meine Klamotten aus, die ihr auf Mädchenflohmarkt shoppen könnt. Ich selbst kaufe auch nur noch Second Hand ein bei Mädchenflohmarkt oder Rebelle. Habe aber ein ziemlich großes Verlangen in mir, immer weniger besitzen zu wollen. Ich möchte frei durchs Leben gehen und mein Herz sowie meine Erinnerungen füllen, nicht meinen Schrank.
Der einzige Nachteil ist, dass meine Looks somit nicht richtig “nachshopbar” sind. Aber es ist sowieso viel cooler, sich nur inspirieren zu lassen und dann selbst auf die Suche zu gehen oder zu überlegen, was zu einem passen könnte. Wie wäre es mit einem Second Hand, Vintage Shop Guide aus Paris? Ich freue mich, wenn es zurückgeht, auch wenn ich schon wieder eine äußerst geniale Zeit in Berlin habe. Ich habe so tolle Freunde hier gefunden. Ich verlasse die Stadt aus einer großen Dankbarkeit heraus. Ich kam hier an als Gänseblümchen, wurde rausgerissen, tot getrampelt und zu einer dornigen Rose. In der Pandemie habe ich den Samen zur Sonnenblume gesäht und jetzt möchte ich wachsen. Ich bin ja nicht umsonst 185cm groß und strecke mich gerne der Sonne entgegen. Aber jede Blume braucht eben auch den Regen, um zu gedeihen. Bevor es nun doch wieder zu einem Wetterupdate umschlägt, wünsche ich euch einfach nur einen herrlichen Start in den Juni. Stay pride :))
Schuhe & Tasche: Prada via Rebelle *selbst gekauft
Abonnentin des Philosophie Magazins *selbst gekauft
Schmuck: HEY HARPER 15% mit HEYKIMYANA *affiliate Link
So ein wunderschöner Artikel, der mich zu Tränen rührt, da man dich immer besser kennen und lieben lernt. Du lässt so tief und weit blicken, liebe Kimyana.